Ein Blick auf den Wandel im Apothekenversand: Trends in DE und Chancen für AT

Veröffentlicht am: 1. Oktober 2024

Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Insight Health in Österreich hatten wir von DatamedIQ die Ehre, als Experten für den Apothekenversand einen Gastvortrag auf der Veranstaltung zu halten. Dr. Dominique Ziegelmayer, CEO von DatamedIQ, präsentierte in seinem Vortrag die neuesten Trends und Entwicklungen im deutschen Versandhandel und zog daraus spannende Aussichten für Österreich.

Die digitale Revolution im Apothekenversand

Der deutsche Apothekenversand hat in den letzten Jahren ein starkes Wachstum erlebt, getrieben durch die fortschreitende Digitalisierung und das veränderte Verbraucherverhalten. Mit einem Gesamtumsatz von 8,23 Milliarden Euro bis Juli 2024 ist der Markt um 5,4 % im Vergleich zum Vorjahr gewachsen. Besonders der Versandhandel sticht heraus, mit einem Wachstum von 12,8 %, was zeigt, dass immer mehr Verbraucher*innen ihre Gesundheitsprodukte online kaufen.

CHC-Gesamtmarktabsätze und -umsätze in Deutschland in € nach rAVP basierend auf den ATC1-Klassen

Ein entscheidender Treiber dieser digitalen Revolution ist die Einführung des eRezepts, das das Rezeptsystem digitalisiert und neue Käuferschichten in den Online-Markt bringt. Diese Entwicklung bringt nicht nur mehr Kund*innen in den digitalen Markt, sondern führt auch zu einem Anstieg im OTC-Segment. Viele Verbraucher*innen kombinieren beim Einlösen ihrer Rezepte rezeptfreie Produkte in ihren digitalen Warenkörben, was den Umsatz im Mischwarenkorb weiter ankurbelt.

 

Zusätzlich treiben die großen Online-Apotheken durch eine intensive Neukundenakquise das Marktwachstum weiter voran. Große Anbieter wie die Shop Apotheke und DocMorris investieren in die Gewinnung neuer Kund*innen, was ihre Marktposition weiter festigt und den Druck auf kleinere Anbieter erhöht. Diese Entwicklungen zeigen, dass die Digitalisierung nicht nur das Wachstum fördert, sondern auch grundlegende Veränderungen in Bezug auf die Kundengruppen und das Kaufverhalten mit sich bringt.

 

Wachsende Dominanz der großen Online-Apotheken

In seinem Vortrag hob Dominique die wachsende Marktmacht der großen Online-Apotheken in Deutschland hervor. Die drei größten Akteure machen mittlerweile 56 % des Gesamtumsatzes im CHC-Online-Markt aus und wachsen dabei schneller als der Markt insgesamt. Die Top-URLs der drei führenden Apothekengruppen in Deutschland verzeichnen ein beeindruckendes Wachstum von durchschnittlich 15,5 %, während der Gesamtmarkt nur um 12,8 % zulegte. Damit liegen diese großen Player mehr als 20 % über dem Marktdurchschnitt. 

Gerundete Umsatzanteile der Versandhändler YTD 07/2024 am digitalen CHC-Gesamtmarkt

Warum ist das wichtig? Diese Marktkonzentration fordert von OTC-Herstellern, ihre Vertriebs- und Marketingstrategien zu überdenken und sich strategisch anzupassen. Es reicht nicht mehr aus, nur präsent zu sein – die Zusammenarbeit mit den großen Marktführern und eine verstärkte digitale Präsenz (Stichwort: Retail Media) sind entscheidend. Obwohl in Deutschland die Marktkonzentration bereits stark ausgeprägt ist, wird ein Blick nach Österreich weiter unten zeigen, dass in bestimmten Märkten durchaus noch Steigerungspotenzial besteht.

Verbrauchertrends: Wer kauft online?

Der deutsche Versandhandelsmarkt erlebt aktuell einen deutlichen Umbruch, und immer mehr neue Kundinnen und Kunden kommen in den Markt: Die Zahl der Käufer*innen stieg im YTD-Vergleich um beeindruckende 20 %, was zu einer Kundenbasis von etwa 14 Millionen führte. Dieser Zuwachs zeigt sich besonders bei den demografischen Veränderungen der Kundschaft.

 

Auffällig ist auch, dass sowohl Frauen als auch Männer mit zunehmendem Alter eine höhere relative Umsatzleistung aufweisen. Ältere Konsument*innen, insbesondere Frauen zwischen 60 und 69 Jahren, steigerten ihren Umsatzbeitrag um 1,8 %, während der Beitrag der jüngeren Zielgruppen, insbesondere der 20- bis 29-jährigen Frauen, um 2,1 % sank. 

Wie effektiv die Shopper*innen im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Shopper*innen im YTD 07.2024 Umsatz generiert haben

Zusätzlich ist bemerkenswert, dass mehr als 50 % des Traffics im Apothekenversandhandel über mobile Endgeräte generiert wird. Dies betont die Notwendigkeit, dass Hersteller ihre digitalen Angebote verstärkt auf mobile Nutzer*innen ausrichten. Außerdem wird in Deutschland der größte Teil des Traffics über organische Suchanfragen generiert, was den Fokus auf eine effektive SEO-Strategie weiter verstärkt. Dennoch gibt es eine interessante Entwicklung in den Kaufgewohnheiten: Trotz der höheren Preise pro Artikel sank der Gesamtumsatz pro Shopper*in um 1,4 %. Der durchschnittliche Umsatz pro Warenkorb fiel um 2,4 %, da weniger Produkte pro Bestellung gekauft wurden. Der durchschnittliche Absatz pro Warenkorb ging um 3,6 % zurück, obwohl die Bestellfrequenz um 0,9 % leicht stieg. Diese Zahlen verdeutlichen, dass höhere Preise nicht automatisch zu mehr Umsatz führen, wenn die Stückzahl pro Bestellung sinkt. Auch hier folgte wieder der Vermerk an die Hersteller, das in ihren digitalen Strategien zu berücksichtigen.

 

Diese Marktdaten zeigen, dass Unternehmen ihre Vertriebs- und Marketingstrategien anpassen müssen, um sowohl die jüngeren als auch die älteren Käufer*innen optimal anzusprechen. Während eine stärkere Fokussierung auf ältere, ausgabefreudigere Zielgruppen sinnvoll ist, darf der Zugang zu jüngeren Kund*innen über mobile und SEO-optimierte Kanäle nicht vernachlässigt werden.

Potenziale im österr. E-Pharmacy-Markt

Dominique stellte abschließende spannende Thesen für den österreichischen Markt auf – basierend auf den vorliegenden Daten und Trends. Der österreichische E-Pharmacy-Markt verzeichnete im Jahr 2023 einen Gesamtumsatz von etwa 250 Millionen Euro. Im Vergleich zum deutschen Markt ist das zwar eine kleinere Zahl, aber Österreich zeichnet sich durch ein starkes Wachstum aus, das bei 14 % jährlich liegt. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass noch längst nicht alle Potenziale ausgeschöpft sind. Ein Beispiel dafür ist laut Dominique der Bereich verschreibungspflichtiger Medikamente (Rx), der in Österreich online noch nicht erhältlich ist und sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern wird.

 

Marktstruktur

 

In Österreich gibt es eine Vielzahl von Marktteilnehmern im digitalen Apothekenhandel. Zum Beispiel hat apotheke.at eine starke Position auf dem Markt eingenommen, während deutsche Domains wie medikamente-per-klick.de ebenfalls merklichen Traffic aus Österreich verzeichnen. Doch die Shop Apotheke ist die unangefochtene Nummer 1 und dominiert den Markt deutlich – ein Unterschied zur Situation in Deutschland, wo sich mehrere große Akteure die Marktspitze teilen.

 

Dominique wies darauf hin, dass diese Marktdominanz durch die Shop Apotheke (und geringfügig durch wenige andere Player wie apotheke.at) aufgrund ihrer hohen Wachstumsraten und besseren Marktpräsenz weiter zunehmen könnte. Dies könnte dazu führen, dass kleinere Apotheken zunehmend Schwierigkeiten haben, wettbewerbsfähig zu bleiben, was eine weitere Konzentration des Marktes zur Folge hätte.

 

Demografien und digitales Verhalten

 

An dieser Stelle warf Dominique einen Blick auf die Nutzerstruktur in Österreich: diese sei ähnlich wie in Deutschland. Das Suchverhalten der österreichischen Konsument*innen zeigt, dass die organische Suche über Suchmaschinen wie Google der Hauptzugang zu Online-Apotheken ist. Der Großteil des Traffics der führenden E-Pharmacies in Österreich stammt aus der organischen Suche. Diese Tatsache unterstreicht die große Bedeutung von SEO für den Erfolg von Online-Apotheken und die Sichtbarkeit der Produkte.

 

Wie in Deutschland wird auch in Österreich ein großer Teil des Traffics mobil generiert. Das zeigt, dass eine Mobile-First-Optimierung für Hersteller unabdingbar ist, um in diesem wachsenden Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Marktchancen und digitale Trends

 

Besonders interessant war Dominiques Exkurs in die organische Suche und aktuelle Suchtrends. Ein genauer Blick zeigt, dass das Interesse an Rx-Medikamenten (Beispiel „Ozempic“) wächst. Suchanfragen wie „seriöse Online Apotheken Österreich“ verdeutlichen, wie stark die Digitalisierung das Kaufverhalten der Konsument*innen verändert. Der österreichische Markt konzentriert sich derzeit stark auf rezeptfreie Produkte, doch genau hier liegt eine immense Chance. Wenn man an die langfristige Möglichkeit des Online-Verkaufs verschreibungspflichtiger Medikamente denkt, könnte sich der Markt in Zukunft entscheidend weiterentwickeln.

 

Der Weg, wie Menschen Gesundheitsprodukte kaufen, hat sich grundlegend verändert. Immer mehr Verbraucher*innen suchen in Deutschland und auch in Österreich zuerst online nach Lösungen – sei es für rezeptfreie Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel oder perspektivisch sogar verschreibungspflichtige Medikamente. Im österreichischen Markt zeigen die Suchtrends eine starke Zunahme an Nachfrage, insbesondere in den westlichen Bundesländern, die von der Nähe zu den grenznahen deutschen Apotheken profitieren. Dominique wies an dieser Stelle darauf hin hin, dass grenznahe Verkaufsstrategien und Kooperationen sich empfehlen können.

 

Wir sehen: Online-Trends wie diese sind nicht bloß ein nettes Add-on, sondern der Schlüssel, um in einem zunehmend digitalen und stark konsolidierten Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Besonders für kleinere OTC-Hersteller bieten gezielte Nischenprodukte und eine starke digitale Präsenz echte Wettbewerbsvorteile. Das sehen wir besonders deutlich bei Kategorien wie Nahrungsergänzungsmitteln, die ich hier als Beispiel gewählt habe, da sie in dieser digital geprägten Marktlage weiterhin ein enormes Potenzial bieten.

 

Deutschland vs. Österreich

 

Obwohl Deutschland und Österreich sehr ähnliche sozio- und demografische Strukturen aufweisen, unterscheiden sich die Marktdynamiken deutlich. Der deutsche Apothekenversandhandel ist durch eine stärkere Marktkonzentration geprägt, bei der mehrere große Akteure den Markt dominieren. In Österreich hingegen wird der Markt zunehmend von einem einzigen Player, der Shop Apotheke, beherrscht, was langfristig zu einer stärkeren Marktverengung führen könnte.

 

Ein weiteres Learning aus Deutschland ist der hohe Anteil des Traffics, der sowohl in Deutschland als auch in Österreich über organische Suchanfragen und mobile Endgeräte generiert wird. Das zeigt klar: Eine starke digitale Präsenz, die sowohl SEO-optimiert als auch mobile-freundlich ist, ist für Hersteller entscheidend, um in beiden Märkten erfolgreich zu sein.

 

Auch das Verhalten der Kundschaft unterscheidet sich: Während in Deutschland der Umsatzbeitrag älterer Kund*innen überproportional hoch ist, dominiert in Österreich vor allem die Altersgruppe der 25- bis 54-Jährigen (Quelle: DataReportal – Global Digital Insights). Diese Erkenntnisse sollten Hersteller bei der Ausrichtung ihrer Marketing- und Vertriebsstrategien unbedingt berücksichtigen.

 

Was bedeuten diese Erkenntnisse für Sie als Hersteller? 

Handlungsempfehlungen für Hersteller

Um diese Frage zu beantworten, gab Dominique den Zuhörer*innen folgende Handlungsempfehlungen an die Hand:

 

Optimierung der digitalen Präsenz

 

Der erste wichtige Schritt für Hersteller besteht darin, die digitale Präsenz ihrer Marken kontinuierlich zu überwachen und zu optimieren. Die Sichtbarkeit Ihrer Produkte auf den führenden Plattformen wie der Shop Apotheke muss sichergestellt sein. Achten Sie anhand verlässlicher Daten und Insights darauf, dass Produktinformationen wie Packshots, Produkttexte und Beschreibungen stets aktuell, vollständig und ansprechend sind. Dies schafft Vertrauen bei den Kund*innen und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Kaufabschlusses. Ein optimal präsentierter Markenauftritt ist in der zunehmend digitalisierten Apothekenlandschaft unverzichtbar.

 

Fokussierung auf wichtige Akteure

 

Konzentrieren Sie sich auf jene Vertriebspartner, die für Ihre Marke am relevantesten sind. Ob große etablierte Apotheken oder spezialisierte Nischenanbieter – es ist entscheidend, strategische Partnerschaften mit den wichtigsten Akteuren zu pflegen und zu intensivieren. Die großen Player haben zunehmend Verhandlungsmacht, was direkte Auswirkungen auf Ihre Preise und Margen haben kann. Gleichzeitig sollten Sie kleinere, spezialisierte Anbieter nicht aus den Augen verlieren, wenn sie für Ihre Zielgruppe entscheidend sind.

 

Wettbewerb und Sichtbarkeit

 

Der Wettbewerb im Apothekenversandhandel wird immer intensiver, insbesondere für kleinere Marken. Um sich gegen etablierte Wettbewerber durchzusetzen, ist es wichtig, kontinuierlich die Anzahl und Qualität der Produktbewertungen zu überwachen und zu verbessern. Positive Bewertungen erhöhen nicht nur das Vertrauen der Konsument*innen, sondern steigern auch die Sichtbarkeit Ihrer Produkte auf den relevanten Plattformen.

 

SEO und digitale Werbung

 

Eine gut strukturierte, suchmaschinenoptimierte Produktseite ist entscheidend für die Auffindbarkeit in Online-Apotheken. Nutzen Sie die Möglichkeiten der Suchmaschinenoptimierung (SEO), um Ihre Produkte über organische Suchanfragen besser sichtbar zu machen. Zusätzlich sollten Sie gezielte digitale Werbemaßnahmen wie Retail Media nutzen, um Ihre Sichtbarkeit weiter zu erhöhen und den Umsatz zu steigern. Überwachen Sie zudem die Suchergebnisse Ihrer Produkte in den Online-Apotheken. In einem stark digitalisierten Markt ist die Kombination von organischer und bezahlter Sichtbarkeit entscheidend. 

 

Anpassung an Markttrends

 

Hersteller müssen Markttrends frühzeitig erkennen und sich flexibel anpassen. Nutzen Sie verfügbare Marktdaten, um Veränderungen in der Nachfrage oder bei den Preisen schnell zu identifizieren. Eine datengetriebene Strategie ermöglicht es Ihnen, rechtzeitig auf Marktveränderungen zu reagieren und wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Druck durch Digitalisierung

 

Die Digitalisierung und Marktkonzentration erfordern eine durchdachte digitale Strategie. Die zunehmende Dominanz weniger großer Akteure bedeutet, dass Hersteller ihre digitalen Vertriebsstrategien verstärken müssen, um ihre Produkte erfolgreich zu positionieren. Gleichzeitig wird durch diese Konzentration der Preisdruck steigen, weshalb es wichtig ist, sich darauf vorzubereiten und Margen strategisch zu sichern.

Fazit: Die Zukunft des Apothekenversands

Dominique schloss seinen Vortrag der DatamedIQ mit der Botschaft, dass der Apothekenversand sowohl in Deutschland als auch in Österreich weiterhin enorme Wachstumschancen bietet. Die digitale Revolution in diesem Sektor ist noch lange nicht abgeschlossen, und Unternehmen, die frühzeitig auf datengetriebene Strategien und eine starke digitale Präsenz setzen, werden langfristig profitieren. DatamedIQ wird dabei weiterhin ganz vorne stehen und Unternehmen dabei unterstützen, den Wandel im Apothekenversand nachzuvollziehen und ihre Markensteuerung erfolgreich zu meistern.

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