E-Commerce 2023: Diese Trends und Marktdynamiken erwarten Sie im Pharmaversandhandel

Veröffentlicht am: 29. Dezember 2022

Spannende Entwicklungen

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und rückblickend hielt der Pharma-Versandhandel 2022 interessante Entwicklungen bereit. Noch spannender ist jedoch, welche Trends und Marktdynamiken der e-Commerce im neuen Jahr für uns in petto hat. Was müssen Pharmaunternehmen 2023 auf dem Schirm haben? 

 

Verschiedene Faktoren, die auch dieses Jahr dominiert haben, betreffen Unternehmen und Hersteller dabei besonders: allem voran die Inflation, die Digitalisierung des Rezeptsystems und anhaltende Lieferengpässe im Pharmamarkt.

Der Pharmamarkt 2022 und 2023

Der Vergleich mit den Vorjahren zeigt, dass der Pharma-Versandhandel im aktuellen Jahr grob auf dem Vorjahresniveau bleibt – ohne klaren Wachstumstrend. Ist diese Entwicklung auch für 2023 zu erwarten? Wir haben nachgefragt: Im Rahmen eines Vortrags beim #bvdvaOn am 3. November 2022 haben wir die Frage an das Publikum gerichtet, welche Entwicklung sie dem neuen Jahr voraussagen. 54 % der Befragten sprachen sich dabei für ein einstelliges Wachstum aus. Faktoren wie Inflation und Lieferengpässe stellen laut anschließender Umfrage unter den Zuhörer*innen den stärksten Einfluss auf das Geschäft 2023 dar:

Wir sehen uns die Faktoren im Folgenden genauer an.

 

 

Inflation

Fest steht: Die Inflation wird ebenso 2023 sowohl von den Herstellern als auch von den Verbraucher*innen zu spüren sein. Die wichtigsten Ursachen für die hohe Inflation, wie wir sie derzeit erleben, sind starke Preiserhöhungen bei den Energieprodukten, aber auch bei den meisten Waren und Dienstleistungen. Für die Pharmabranche hat die Inflation steigende Arzneimittelpreise bei sinkender Kaufkraft zur Folge. 

 

Was bedeutet das für den Markt? Wie wirkt sich die Inflation auf das Online-Kaufverhalten der Verbraucher*innen aus? Mit dieser Fragestellung hat sich laut HORIZONT der Finanzdienstleister Mollie im Rahmen des e-Commerce-Reports auseinandergesetzt. Das Ergebnis: Nahezu die Hälfte der deutschen Befragten gab an, dass sie in den folgenden 12 Monaten genauso viel online einkaufen werden wie zuvor. Gilt das auch konkret für den Pharma-Versandhandel? Das Top Argument für den Onlinekauf ist und bleibt der Preis.

Zielgruppen mit hoher Kaufkraft werden weiterhin über das nötige Kapital verfügen und ihren Konsum voraussichtlich nur geringfügig ändern. Für Zielgruppen im mittleren und unteren Kaufkraft-Segment besteht die Möglichkeit, dass sie auf kostengünstigere Produkte ausweichen oder vom Kauf absehen, wenn diese nicht medizinisch notwendig sind (z.B. Nahrungsergänzungsmittel). Zu vermuten ist auch, dass diese Zielgruppen weiterhin auf den (im Vergleich zur Offizin) preiswerteren Versandhandel ausweichen werden.
In einem kürzlich erschienenen OTC-Pricing Update (11/22) durch die SEMPORA Consulting GmbH ging deutlich hervor, dass im Vergleich zu vor-Corona ein niedrigeres Rabattniveau an Endverbraucher*innen weitergegeben wird. Insbesondere die Entwicklung der Listenpreise mit aktuell 4,1 % (YTD 09/22) gegenüber den Vorjahren 2020 1,8 % und 2021 1,7 % lässt vermuten, dass sich dieser Trend künftig noch stärker auf die Preis- und Rabattstrategie der Online-Apotheken auswirken wird. 

 

Unsere Handlungsempfehlung: Werfen Sie einen genauen Blick auf Ihre Zielgruppen und das Preisniveau Ihrer Produkte. Die sich ändernden makroökonomischen Verhältnisse können eine Anpassung der Preispolitik erfordern. Es kann sinnvoll sein, die kleineren und günstigeren Produkte einer Produktfamilie hervorzuheben und Produktpreise aktiver zu steuern. Verstärken Sie Ihre Versandhandels- und Marketingaktivitäten auch bei knappen Budgets.

 

 

Das e-Rezept

Wer über die wichtigsten Trends und Marktdynamiken im e-Commerce spricht, darf das e-Rezept keineswegs außer Acht lassen. Welche Entwicklungen sind durch die Digitalisierung des Rezeptsystems 2023 zu erwarten?

 

Das e-Rezept soll ab Februar im Zuge der zweiten Rollout-Stufe flächendeckend in Deutschland eingeführt werden. Unser neuester Healthcare Report ergab, dass die allgemeine Akzeptanz für die Telemedizin mit rund 60 % etwa 5 Prozentpunkte höher als bei der ersten Befragung im Juli 2021 ist. Rund die Hälfte der Befragten werden ihre e-Rezepte zukünftig online einlösen:

Es eröffnen sich für Online-Apotheken durch die Digitalisierung des Rezeptsystems gänzlich neue Möglichkeiten. Da der Versandhandel hieran bisher keinen relevanten Anteil hatte, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Neukunden ab Mitte 2023 deutlich steigen wird. Dies bietet auch großes Potenzial für den OTC-Handel und -Umsatz.

 

Unsere Handlungsempfehlung: Verfolgen Sie die bundesweite Einführung des e-Rezepts engmaschig und sprechen Sie mit dem Versandhandel über Vermarktungsmöglichkeiten für Ihre Produkte. Es ist ratsam, Ihre digital affine Kundengruppe mit maßgeschneiderten Marketingmaßnahmen anzusprechen.

 

 

Produktions- und Lieferengpässe:

Produktions- und Lieferschwierigkeiten betreffen derzeit die gesamte Pharmabranche. Rohstoffe, Verpackungsmaterial, aber auch Fachkräfte sind aktuell Mangelware und stellen den Pharmasektor vor große Herausforderungen. In unserer Befragung im Rahmen des 3. Healthcare Reports gab rund ein Drittel der Befragten geben an, aktuell von Lieferschwierigkeiten (Out-of-Stock-Situationen) im Pharmasektor betroffen gewesen zu sein:

Im Jahr 2023 ist zu erwarten, dass sich Produktions- und Lieferengpässe vor dem Hintergrund von Krieg und Pandemie verschärfen werden und einige Hersteller dadurch spürbare Einbußen erleiden werden. Dies bietet aber auch Chancen. Die Lieferkette muss kritisch überprüft werden und das Marketing muss flexibel sein, um Alternativen zu fördern und gleichzeitig Marken auch bei Engpässen stark zu machen.

 

Unsere Handlungsempfehlung: Prüfen Sie regelmäßig, ob Produkte Ihrer Mitbewerber verfügbar sind und sprechen Sie mit Versendern über geeignete Werbemöglichkeiten, um bei Ausfällen von Wettbewerbern präsent zu sein. Stärken Sie Ihre Marken mit geeigneten Markenkampagnen, damit Ihre Kund*innen auch bei Ausfällen treu bleiben.

 

 

Die Versandhandels-landschaft 2023

Die steigende Preissensibilität der Verbraucher*innen hat zur Folge, dass im Jahr 2023 ein verstärkter Wechsel vom Online- in den preisgünstigeren Online-Kanal stattfinden könnte. Eine Überprüfung der Channel-Strategie sowie die Entwicklung passender Konzepte je Kanal ist notwendig, um sich zukünftig in einem dynamischen OTC-Markt gestärkt zu positionieren.

 

Die Preisgestaltung der Versandapotheken in Deutschland ist aktuell sehr unterschiedlich. Während die großen Apotheken verstärkt auf Profitabilität setzen, führen Apotheken wie Medikamente-per-Klick einen aggressiven Preiskampf. Wir gehen davon aus, dass sich das Pricing und damit die Wachstumsdynamiken der einzelnen Online-Apotheken im Jahr 2023 wieder annähern. Ein erster Indikator hierfür sind die gestiegenen Preise bei Disapo und das höhere Rabattniveau bei der Shop-Apotheke. 

 

Bereits dieses Jahr gab es mit medpex und Eurapon starke Konsolidierungsbewegungen. Nach unserer Einschätzung wird sich dieser Trend fortsetzen. So kündigte beispielsweise die Apo.com Group an, künftig den Fokus auf ihre beiden Kernmarken zu legen. Für Hersteller bedeutet dies potentiell weniger Ansprechpartner*innen bei Jahres- und Halbjahresgesprächen, aber eben auch eine geringere Diversifikation bei der Positionierung von Produkten im Markt.

 

Mit dem Eintritt von Douglas in das klassische ePharmacy-Segment in Deutschland ergeben sich für Hersteller neue Dynamiken und Zielgruppen. Aber auch die steigende Relevanz von Quick-Delivery-Anbietern wie MAYD und GoPuls (ehemals First-A) eröffnen neue Vermarktungskonzepte. Hinzu kommt die steigende Reife der Retail-Media-Angebote der Online-Apotheken – aus unserer Sicht eine vielversprechende Entwicklung für Hersteller und gleichzeitig eine Chance, neue Zielgruppen und Vermarktungswege zu erschließen.

 

Wir erwarten, dass sich das Wachstum und die Volatilität des Versandhandels langsam normalisieren und wieder niedrige zweistellige Wachstumsraten erreicht werden können. Im Gegensatz zum letzten Jahr, werden wir das Wachstum wohl auch deutlich in der Umsatzentwicklung sehen, da hier steigende Preise den Markt beleben werden.

 

Unsere Handlungsempfehlung: Setzen Sie verstärkt auf den Versandhandel und profitieren Sie vom Wachstum durch den zunehmenden Preis- und Digitalisierungsdruck. Wählen Sie im Rahmen Ihrer E-Commerce Strategie Ihre Premium-Partner im Versandhandel und schöpfen Sie das gesamte Potential der Vermarktungsstrategien aus. Dabei sollten Sie auch Experimente wagen und die Relevanz neuer Angebote für Ihre Zielgruppe evaluieren.

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